Rund- & Radweg - Allgemein

Nadelöhr für Radfahrer fällt weg OVB 15.11.2008

Quelle: Chiemgauzeitung / 18.11.2008
Ein Nadelöhr für Radfahrer, die am Chiemsee unterwegs sind, fällt weg: Der Freistaat Bayern reißt in Seebruck die alte Brücke über die Alz ab und baut eine neue, breitere. Wer im Sattel sitzt, der muss an dieser Stelle künftig nicht mehr auf die Fahrbahn ausweichen. Denn die neue Brücke erhält, wie sich jetzt herausstellt, einen Radweg.

Bereits im nächsten Jahr will das Staatliche Bauamt Traunstein die Planung vorbereiten - und damit um einige Jahre eher, als bislang vorgesehen war (siehe auch Artikel «Kurs auf neue Brücke über Alz» auf Seite 21). Wann die neue Brücke entsteht, ist jedoch noch offen.
In Abstimmung mit den zehn Anliegergemeinden am Bayerischen Meer überplant der Abwasser- und Umweltverband (AZV) Chiemsee den Rundweg. Weil sich Radfahrer und Fußgänger immer wieder in die Quere kommen, will sie der AZV auf der 65 Kilometer langen Strecke soweit möglich trennen. Das Ziel lautet im Wesentlichen: Die Fußgänger bleiben auf dem Weg am Ufer, die Radfahrer entfernen sich da und dort ein kleines Stück vom See. Auch neue Radwege sind im Gespräch.
Auf Hochtouren laufen die Planungen. Der AZV hat das Ingenieurbüro Dippold und Gerold in Prien eingeschaltet und erörtert nun schon seit einigen Monaten einzelne Maßnahmen mit den Gemeinden. Im nächsten Jahr wollen der AZV und die Kommunen dann eine große Hürde nehmen und mit rund 150 bis 200 Grundstückseigentümern das Gespräch suchen. Denn: Um neue Radwege zu bauen, brauchen sie vielerorts Grund und Boden aus privater Hand.
Den Stand der Planungen erläuterte Marlene Berger-Stöckl, die Umweltbeauftragte des AZV, dieser Tage auf der Chiemseekonferenz in Greimharting (wir berichteten bereits). Und da ging ihr Blick auch und gerade nach Seebruck: zum, wie sie sagte, «Nadelöhr Alzbrücke». Im Rahmen eines Ortstermins habe das Staatliche Bauamt zugesagt, den Neubau der Brücke vorzuziehen und bereits 2009 mit ersten vorbereitenden Arbeiten in die Planung zu gehen. Der bauliche Zustand sei schlechter, als bislang angenommen.
Die Alzbrücke ist eine der größten Engstellen für die Radfahrer, die den Chiemsee zum Teil oder ganz umrunden. Weil sie keinen Platz haben, müssen sie auf die stark frequentierte Fahrbahn ausweichen.
Schon seit Jahren suchen die Gemeinde und der Freistaat - den Baulastträger der Staatsstraße vertritt vor Ort das Staatliche Bauamt in Traunstein - nach Möglichkeiten, diese Engstelle zu beseitigen. Auch ein eigener Steg für Radfahrer war im Gespräch. Jetzt aber hat das Bauamt seine Pläne für den Neubau der Brücke überarbeitet - und damit eine Lösung aufgezeigt: Die Behörde nimmt nun Kurs auf eine Brücke, die zusätzlich zu einem beidseitigen Geh- künftig auch einen Radweg erhält.
«Stolpersteine» aus dem Weg geräumt
Auf dem Weg zu einer weitgehenden Trennung von Fußgängern und Radfahrern am Chiemsee sei der AZV mittlerweile schon weit vorangekommen, bilanzierte die Umweltbeauftragte. Die größten «Stolpersteine» seien bereits ausgeräumt. Und Berger-Stöckl nannte ein Beispiel aus den vergangenen Wochen: In Absprache mit dem AZV habe die Gemeinde Rimsting nun grünes Licht gegeben für einen neuen Radweg zwischen Aiterbach und Hochstätt, der nicht in Ufernähe durch ein ökologisch wertvolles Quellmoor führt, sondern neben der Staatsstraße angelegt wird. Der Gemeinderat habe in einer längeren Diskussion «gute Beschlüsse» gefasst.
Doch Berger-Stöckl machte auch keinen Hehl daraus, dass im Rahmen der Neukonzeption des Chiemseerundweges in einzelnen Gemeinden auch noch Diskussionsbedarf besteht. Noch nicht abgeschlossen sei insbesondere die Planung in Bernau. Festzulegen sei die Route des neuen Radweges im und am «Irschener Winkel» (siehe auch Bericht «Gemeinde Bernau will sich Weg nicht vorschreiben lassen» auf Seite 20).
Interessen überschneiden sich
Auf gut einem Kilometer begegnen sich in dieser Ecke des Chiemsees immer wieder viele Fußgänger und Radfaher auf dem dort schmalen Rundweg. Der AZV plädiert für einen neuen, eigenen Weg für die Radfahrer möglichst an der Bahnlinie - womit jedoch die Gemeinde und insbesondere die Landwirte nicht einverstanden sind. Denn die Bauern nutzen den Weg an der Bahnlinie: Sie fahren mit ihren Traktoren zu ihren Wiesen. Und sie können und wollen sich nicht vorstellen, dass ihnen auf diesem Weg künftig viele Radfahrer in die Quere kommen. Sie sehen den neuen Weg stattdessen viel lieber am bereits bestehenden in Ufernähe - was jedoch auch alles andere als leicht durchzusetzen ist. Denn der Weg geht durch geschützte Gebiete. Und dessen Ausbau ist damit aus Sicht des Naturschutzes grundsätzlich nicht genehmigungsfähig. Berger-Stöckl hofft jedoch, zu einem Kompromiss zu kommen. Die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt Rosenheim habe jetzt in Aussicht gestellt, eine Ausnahme zu machen und den Ausbau des Weges auf den ersten rund 500 Metern von Felden Richtung Prien zu erlauben, so die AZV-Umweltbeauftragte. Im Gegenzug müssten sich nun aber die Landwirte bereit erklären, sich mit den Radfahrern zu arrangieren, die dann im weiteren Verlauf an die Bahnlinie kommen. pü