Chiemseekonferenz 2018

Wer Gemüse isst, der schützt das Klima

Quelle: Chiemgau-Zeitung / 24.11.2007

Was der Verbraucher isst, hat großen Einfluss auf das Klima. Denn die Bereitstellung von Lebensmitteln ist erheblich am Treibhauseffekt beteiligt.
Dr. Karl von Koerber, ein Lehrbeauftragter der Technischen Universität München, sagt, dass man mit einer «optimierten Ernährung» erheblich zum Klimaschutz beitragen könne. Seine Aussage: Wer weniger Fleisch und mehr Gemüse isst, wer Lebensmittel aus der Region kauft, wer sich nicht aus der Kühltrühe ernährt, der kann den Ausstoß an Treibhausgasen im Rahmen der Ernährung um mehr als die Hälfte verringern.«Der Klimawandel ist in aller Munde, aber nicht das, was wir uns in den Mund stecken», sagte von Koerber auf der Klimatagung des Abwasser- und Umweltverbandes Chiemsee im Gasthof «Kampenwand» in Bernau (wir berichteten). Doch gerade auch von der Ernährung müsse die Rede sein, wenn über die Erderwärmung mit all ihren Auswirkungen gesprochen werde. Denn der Ausstoß von Treibhausgasen in Deutschland sei zu rund 20 Prozent bedingt durch die Erzeugung, den Transport und den Verzehr von Lebensmitteln. «Wenn über den Treibhauseffekt geredet wird, dann müsste ein Fünftel der Diskussionen über die Ernährung laufen - was aber nicht der Fall ist», stellt der Wissenschaftler fest, dass dieses Thema fast keine Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit findet.
Große Mengen Energie - mit all ihren Folgen für die Erderwärmung - verbraucht die Landwirtschaft, wenn sie Nahrungsmittel herstellt. Sprit und Strom benötigen dann die Verbraucher, wenn sie mit dem Auto zum Discounter fahren, Lebensmittel einkaufen und sie dann zuhause auf dem Herd erhitzen oder in den Kühlschrank legen. Energie geradezu vergeudet wird laut von Koerber, wenn etwa im Winter Erdbeeren aus Argentinien nach Deutschland geflogen werden.
Wer seine Einkaufs- und Essgewohnheiten umstellt, kann laut Dr. von Koerber einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Gegenüber anderen, ebenso wichtigen Strategien zur Bekämpfung der Erderwärmung besitze die Anpassung der Ernährung an die veränderten Lebensumstände einen großen Vorteil: Der Verbraucher könne sofort etwas für den Klimaschutz tun. Und er brauche zum Beispiel keine 20000 Euro für die Wärmedämmung seines Hauses ausgeben.
Als erste und wirksamste Maßnahme im Rahmen einer «klimaoptimierten Ernährung» sah Dr. von Koerber die Verbraucher in der Pflicht, mehr pfanzliche und weniger tierische Nahrungsmittel zu sich zu nehmen. «18 Prozent aller globalen Treibhausgase verursacht die Tierhaltung», betonte er. Statt siebenmal sollte der Verbraucher zwei- bis dreimal in der Woche Fleisch essen - was im Übrigen dann auch, wie die Ärzte sagen, gut für die Gesundheit sei.
Ebenso sprach der Ernährungswissenschaftler die Empfehlung aus, verstärkt Öko-Lebensmittel zu berücksichtigen. Denn der ökologische Landbau produziere weniger Treibhausgase als der konventionelle. Einen «großen Haken» habe der Vergleich jedoch, räumte von Koerber ein: Der Bio-Bauer erziele im Vergleich zum Landwirt, der sich herkömmlicher Methoden bedient, auf seinen Feldern geringere Erträge. Trotzdem spreche jedoch die Ökobilanz für ihn. Angenommen, beide fahren gleich viel Ernte ein, verursache der Bio-Bauer drei Viertel der Treibhausgase, die der konventionell arbeitende Landwirt im Anbau freisetzt.
«Wer sich für vegetarisches und ökologisches Essen statt einer fleischreichen, konventionellen Kost entscheidet, kann den Ausstoß schädlicher Treibhausgase um über 60 Prozent vermindern», betonte Dr. von Koerber. Ebenso könne der Verbraucher Klimaschutz betreiben, wenn er sich im Geschäft oder auf dem Markt für Produkte aus der Region entscheide - für Lebensmittel, die nicht mit großem Aufwand vielleicht sogar mit dem Flugzeug importiert worden seien. Die Lebensmitteltransporte haben sich seinen Angaben zufolge in den vergangenen 20 Jahren verdoppelt. Viel Verkehr auf den Straßen sei überflüssig: «Warum sollen wir im Alpenland Milch aus Norddeutschland trinken?»
Der Verbraucher sollte laut von Koerber Saisonware den Vorzug geben. Denn die Belastungen, die sich etwa im Betrieb eines Treibhauses ergeben, seien im Vergleich zum Anbau im Freiland «bis zu 30-mal höher». Ebenso empfehlenswert sei die Ernährungsweise über frische Lebensmittel. Sie gleich zu verzehren sei viel umweltschonender als sie in den Kühlschrank oder in die Kühltruhe zu legen. Diese Geräte seien sehr «energieintensiv».
In seinem Einkaufsverhalten eröffne sich dem Verbraucher auch noch eine weitere große Möglichkeit, das Klima zu schützen: Wer zu Fuß oder mit dem Fahrrad zum Geschäft fahre, schone die Umwelt, so der Ernährungswissenschaftler: «Einkaufsfahrten mit dem Auto verschlechtern die Energiebilanz erheblich.» pü

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